Seit dem 19. November 2021 stehen die Tore zur Hölle auf Netflix ein bisschen weiter auf. Denn da startete die neue Horror-Serie "Hellbound". Die Staffel umfasst sechs Episoden von jeweils ca. 50 Minuten, deshalb bin ich auch schon wieder fertig mit Gucken und kann euch hier verraten, wie ich es fand.
Worum geht es?
Wir befinden uns in Südkorea. Am hellichten Tag tauchen dämonenartige Wesen auf, machen Jagd auf bestimmte Menschen und verschwinden genauso spurlos wieder, sobald sie ihre Beute erlegt und bis zur Unkenntlichkeit verbrannt haben. All diese Opfer haben etwas gemeinsam: Eine gewisse Zeit zuvor erscheint ihnen ein unheimliches Gesicht mit glühenden Augen, das sie mit ihrem Namen anspricht und sie wissen lässt, an welchem Tag um welche Uhrzeit sie in die Hölle fahren werden. Die Schattenmonster erscheinen pünktlich auf die Minute, erledigen ihre blutige Tat und lassen sich durch nichts und niemanden aufhalten. Die Polizei glaubt zunächst nicht an überirdische Machenschaften und versucht, die Fälle aufzuklären. Gleichzeitig wird der Hype um eine Sekte namens "Die neue Wahrheit" immer größer, denn sie vertritt die Auffassung, dass dies Gottes Strafe für diejenigen sei, die in ihrem Leben gesündigt haben. Sie spricht von der sogenannten Machtdemonstration. Als eine alleinerziehende Mutter ihre Prophezeiung erhält, wendet sie sich hilfesuchend an die Sekte und an eine Anwältin. Die Sekte sieht ihre Chance gekommen und bietet der Frau ein Vermögen, wenn ihre Machtdemonstration live übertragen wird. Sie willigt ein, doch damit beginnt für sie und ihre Familie ein medialer Spießrutenlauf, der darin gipfelt, dass sämtliche Fernsehsender live berichten, wie die Frau in ihrer eigenen zur Bühne umgebauten Wohnung von den Monstern geholt wird. Die brutale Machtdemonstration führt dazu, dass die Sekte an Macht und Einfluss gewinnt, weil fast alle Menschen davon überzeugt sind, dass sie von nun an rechtschaffen leben müssen, wenn sie nicht auch eines Tages ihre Prophezeiung erhalten wollen.
Das ist übrigens nur die inhaltliche Zusammenfassung der ersten drei Folgen. In der zweiten Hälfte , die einige Jahre nach den geschilderten Ereignissen spielt, konzentriert sich die Geschichte auf eine junge Familie, deren neugeborenes Baby eine Prophezeiung erhält. Das wirft natürlich Fragen auf, die das Fundament, auf dem die Macht der Neuen Wahrheit ruht, bis in seine Grundfesten erschüttern. Kann ein Mensch, der gerade erst geboren wurde, bereits ein Sünder sein?
Mein Eindruck
Ich bin sehr beeindruckt. Schon "Train to Busan" und die Serie "Squid Game" fand ich super, doch mit "Hellbound" hat mich die südkoreanische Filmkunst endgültig in ihren Bann gezogen. Was mich so fasziniert, ist die erzählerische Dichte, die Geschichte selbst und wie auch hier wieder, wie schon bei "Squid Game", teils feine, teils zynische Kritik an der modernen Gesellschaft und ihrem Verständnis von Moral und Gerechtigkeit eingewoben wird. Es geht um Glaube, um die Frage, was gut und was falsch ist, welche Taten bereits als Sünde angesehen werden können und was eine so extreme Situation mit den Menschen macht. Ich meine, würde ich in dieser Welt leben und müsste damit rechnen, dass mein Leben mit einer Fahrt in die Hölle endet, würde ich mir wohl auch sehr genau überlegen, was ich sage und zu wem und welche Dinge ich lieber gar nicht erst mache, denn ich muss ja schließlich "rechtschaffen" sein.
Bild gefunden bei: Kino.de |
Ein bisschen Abzug an der B-Note mache ich, weil ich die drei Höllenwesen und den Prophezeiungs-Verkünder zwar durchaus gruselig fand, diese aber zu offensichtlich in die Szenen hineingephotoshoppt wurden. Und dem Baby sieht man leider auch zu sehr an, dass es in den meisten Nahaufnahmen eine CGI-Animation ist und kein echtes Wesen. Hinzu kommt noch, dass es mir als Europäerin mit europäisch-amerikanisch geprägtem Filmschauverhalten immer noch schwerfällt, die Figuren namentlich auseinanderzuhalten. Und ich musste immer mal schmunzeln bei den Dialogen, wenn die Figuren einander immer so übertrieben höflich, fast schon unterwürfig ansprachen ("Herr Vorsitzender Jung Jinsu", "Herr Produzent Bae"). Aber das scheint in Korea einfach normal zu sein. Wie gesagt: europäisch-amerikanisch geprägter Filmkonsum, ich muss mich in so etwas wohl erst noch reinfühlen.
Und was ist mit dem Horror?
Oh ja, der war ganz nach meinem Geschmack. Die Szenen, in denen es zur Sache ging, waren teilweise sehr drastisch, sparten nicht an Blut und gnadenloser Brutalität. Jedesmal wenn der Donnerschlag die Ankunft der drei Dämonen ankündigte, bildete sich bei mir Gänsehaut. Dennoch war das nicht das eigentlich Gruselige an "Hellbound". Der richtige Horror zeigt sich in den Machenschaften der unheimlichen Sekte, im Verhalten der Leute, die aus lauter Angst vor der Hölle einknicken, und in den brutalen Aktionen der Terrorgruppe "Speerspitze", die inoffiziell der Neuen Wahrheit zuarbeitet und die dreckigen Jobs erledigt. Wie schnell bei Menschen alle Hemmungen fallen, wenn es um ihr Seelenheil zu gehen scheint, das ist wirklich gruselig, weil es (leider) sehr nah an der Realität ist.
Ob es eine Fortsetzung gibt, weiß aktuell niemand, aber es wäre schon schön, denn da bleiben genug Fäden lose liegen, und allein die letzte Szene enthält einen Cliffhanger aus der Hölle, im wahrsten Sinne des Wortes. Alter Schwede, was war das denn? Also ich bin absolut bereit für eine zweite Staffel!
Ich kann "Hellbound" wärmstens empfehlen und vergebe 4 von 5 völlig verkohlten Sternen.
Die Serie ist exklusiv mit allen Folgen auf Netflix verfügbar.
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