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Montag, 3. Januar 2022

Filmtipp: Don't Look Up

Stell dir vor, es ist Weltuntergang, und keinen interessiert's. Das wäre quasi der Ein-Satz-Pitch für das neueste Machwerk von Regisseur Adam McKay "Don't Look Up". Diesen Film schaute ich mir Ende Dezember an, nachdem er (passenderweise) am Heiligabend auf Netflix online ging. Also zählt er für mich noch in 2021 rein und damit zu meinen absoluten Filmhighlights des Jahres. Das schon mal vorweg.

Worum geht's?

In "Don't Look Up" entdeckt Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence), Doktorandin der Astronomie, einen Kometen, der auf direktem Kurs mit der Erde und aufgrund seiner Größe und vorausberechneten Einschlagkraft ein echter Planetenkiller ist, der alles Leben auslöschen wird, und zwar schon in sechseinhalb Monaten. Sie und ihr Professor, Dr. Mindy (Leonardo DiCaprio), treten mit dieser unglaublichen Entdeckung schnellstmöglich an die Regierung der USA heran. Allerdings hat Präsidentin Orlean (Meryl Streep als weiblicher Donald Trump ist genial!) gerade andere Sorgen. Und der Stabschef (Jonah Hill), Orleans peinlicher Sohn und Handtaschenträger, nimmt die Botschaft der Wissenschaftler ebenfalls nur mit einem gleichgültigen Aha zur Kenntnis. Also gehen sie zu den Medien. Eine Tageszeitung will einen Artikel veröffentlichen und verschafft ihnen gleichzeitig einen Auftritt in Amerikas populärster TV-Show, wo sie ein weiteres Mal nicht ernstgenommen werden. Wie es einem frisch getrennten Promipärchen gerade geht, scheint wesentlich interessanter zu sein und lässt sich auch viel leichter "positiv verpacken". Kate wird anschließend im Internet verarscht, Mindy erhält den zweifelhaften Ruf, ein sexy Scientist zu sein ("A.I.L.F. - Astronom I'd like to fuck").

Erst als Präsidentin Orlean auch noch in einen Sexskandal verwickelt wird und ihre Chancen auf erfolgreiche Halbzeitwahlen schwinden sieht, nimmt sie sich der Sache mit dem Kometen an und startet ein Abwehrprogramm, bei dem diverse mit Atombomben bestückte Raketen ins All geschossen werden sollen, um den Kometen zu treffen und von seiner Bahn abzulenken. In letzter Sekunde wird das Projekt jedoch gestoppt, da Peter Isherwell, eine Mischung aus Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg, außerdem oberster Spender von Orleans Partei, eine Menge wertvoller Erden, Mineralien und anderer Rohstoffe auf dem Kometen entdeckt haben will. Also verfolgen die USA nun das Ziel, den Kometen irgendwie in zerkleinerter Form auf die Erde abstürzen zu lassen, um seine Schätze zu ernten. Und die Bevölkerung ergeht sich in sinnlosen Aktionen, diskutiert, ob es den Kometen überhaupt gibt, und gibt bereitwillig Unsummen von Dollar für Schaufeln (!) aus, um sich Bunker zu graben, in denen sie den Einschlag überstehen will.

Das kann ja nur schiefgehen.

Mein Eindruck

Ich habe gelacht, gegrinst, die Augen verdreht, micht hier und da ertappt gefühlt, genervt aufgestöhnt und am Ende ein bisschen geweint (und ganz am Ende noch einmal herzhaft gelacht). Das Lachen blieb mir allerdings häufig im Halse stecken, weil ich immer wieder dachte: Alter, so doof kann doch keiner sein. Dann fiel mir wieder ein, in welchen Zeiten ich gerade lebe, und ich dachte: Doch, klar kann man so doof sein.

Schon lange hat mich kein Film so begeistert und so nachdenklich gemacht wie "Don't Look Up". Man kann gar nicht anders als Parallelen zu ziehen - zur Corona-Pandemie und vor allem zur unaufhaltsam voranschreitenden Klimakatastrophe. Der Film legt jedenfalls schön den Finger in die Wunde, hält nicht nur den Regierungen und Wirtschaftsmächten den Spiegel vor, sondern uns allen - der Gesellschaft.

Lasst uns anfangen, über unseren Tellerrand zu schauen. Lasst uns aufhören, immer nur Ich-Ich-Ich zu rufen. Lasst uns fragen, was für eine Welt wir unseren Kindern hinterlassen werden und ob wir das wirklich verantworten wollen. Lasst uns die Warnungen von Wissenschaftler*innen ernstnehmen, auch wenn sie unangenehm sind (sonst wären es wohl keine Warnungen). Vor allem lasst uns endlich den Arsch hochkriegen und bewusst etwas unternehmen, wir alle, ohne nur darauf zu warten, dass die Regierungen ("die da oben") aktiv werden. 



Die Macher von "Don't Look Up" haben sich klar dafür ausgesprochen, alles zu tun, um den Planeten zu retten - schließlich haben wir nur den einen und bislang keinen Plan B. So haben sie sich mit der Initiative "Count Us In" zusammengetan, die jede Menge Infos und Tipps zu genau diesem Thema liefert. Ein Besuch auf der Website lohnt sich.

Ich empfehle den Film dringend, alle sollten ihn sich anschauen. Bitte erwartet keinen Actionreißer à la "Armageddon", keine Katastrophenorgie à la "2012" und auch keine alberne Persiflage à la "Die nackte Kanone". "Don't Look Up" ist eine hervorragend produzierte, hochkarätig besetzte und mit lauter mehr oder weniger offensichtlichen Botschaften getränkte Satire.

Da vergebe ich 5 von 5 kostenlosen White-House-Snacks.

P.S. Bitte bleibt nach dem Filmende dran, Stichwort Bonusszene. Bleibt aber auch danach weiter dran, weil ... schaut euch einfach wirklich den kompletten Abspann an, okay?




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